Die Krise des Finanzmarktes bietet nicht nur Anlass zur grundsätzlichen Kritik der kapitalistischen Produktionsweise, sie konfrontiert diese Kritik zugleich mit neuen Formen kapitalistischer Ausbeutung. Die sogenannte »Finanzkrise« entsprang dem US-amerikanischen Hypothekenmarkt, dessen Entwicklung zwar spezifisch amerikanisch ist, aber weltweit Folgen für die Produktionssphäre hat (sog. »credit crunch«). Mit dem Begriff »Finanzialisierung« wird eine Entwicklung beschrieben, bei der ein wachsender Anteil der Unternehmensgewinne aus Produkten des Finanzmarktes erzielt wird (Versicherungen, private Renten, Kredite etc.). Gewinne werden auch erzielt aus Zinsen und Gebühren für Kredite, die an Privathaushalte vergeben werden. Der private Konsum - und dies beinhaltet insbesondere Krankenkasse, Altersversorgung und Bildung - lässt sich immer weniger durch die stagnierenden Löhne finanzieren. Dieser Prozess wird als »direkte Ausbeutung« verstanden, da nun auch für die Reproduktion der Ware Arbeitskraft eine Gebühr berechnet und diese zunehmend vom Lohn abgekoppelt wird. Wir fragen, welche Folgen das amerikanische Modell für deutsche Verhältnisse hat, worin die Unterschiede liegen, und welche Konsequenzen das für eine kapitalismuskritische Position hat.